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Reformation im Salzkammergut

Eine (fast) 500jährige Beziehung

Im Salzkammergut ließen schon in den 1530er Jahren leitende Beamte ihre Söhne in Wittenberg studieren. Sukzessive wandelte sich die religiöse Haltung; in den Kirchen wurde lutherisch gepredigt, die Beamtenschaft der Saline bis hinauf zum Salzamtmann hing bald der neuen Lehre an, die als modern und innovativ galt.

Jedermann konnte beinahe unbehelligt seinen Glauben leben, was auch Auswüchse und fundamentalistische Strömungen ermöglichte. Diese Freiheit wurde jedoch bald eingeschränkt: Auch im Salzkammergut wurde die Täuferbewegung verfolgt. Die religiösen Gegensätze verwandelten sich bald in politische Auseinandersetzungen, bis schließlich im Augsburger Religionsfrieden von 1555 beide Seiten erschöpft einlenkten. Von nun an bestimmte der Landesherr die Konfession seiner Untertanen.

Ruhe und Ordnung

Die Durchsetzung dieser Vereinbarung gelang jedoch erst in Jahrzehnten. So wurde es mit der Gegenreformation oder katholischen Reform in Österreich erst in den 1590er Jahren ernst. Die Ausseer Bürger weigerten sich hartnäckig, dem neuen Landesherren Ferdinand in religiösen Dingen Gehorsam zu leisten. Erst in den letzten Monaten des Jahres 1599 stellte ein Fähnlein Soldaten gewaltsam Ruhe und Ordnung her und setzte den ursprünglichen Glauben wieder ein. Zahlreiche Personen mussten auswandern. Auch im Lande ob der Enns sollten nun Fakten geschaffen werden, ein neuer katholischer Landeshauptmann sollte die Politik seines Landesherrn umsetzen.

Der Mob von Hallstatt

Erst aber als mit Salzamtmann Spindler von Hofegg ein eifriger katholischer Parteigänger den evangelischen Haydn an der Spitze der Saline in Gmunden ersetzte, gewann die Gegenreformation an Fahrt. Im Juli 1601 unternahm der Salzamtmann eine „Rekatholisierungs-Tour. Vorerst schien er Erfolg zu haben, den nirgends traf er auf Widerstand. Die Stimmung schlug allerdings radikal um, Spindler sah sich in Hallstatt plötzlich von einem Mob von Salzarbeitern umringt, der lautstark Religionsfreiheit forderte: das Signal für den Aufstand war gegeben. Erst im Februar 1602 sammelte sich eine Front zur Niederschlagung der Revolte. In einer raschen Zangenbewegung stießen Truppen über den Pötschenpass, das Gschütt und über Strobl in das Salzkammergut vor. Ruhe und Ordnung waren schnell hergestellt, die Rädelsführer wurden bestraft, Ischl, Hallstatt und Lauffen gingen ihrer Privilegien als Märkte verlustig und sanken auf Dorfniveau zurück.

Geheime Betplätze

Mit der Niederschlagung des so genannten Salzaufstandes 1601/1602 war die Re-katholisierung des Salzkammergutes (scheinbar) abgeschlossen, am Bauernkrieg 1626 beteiligten sich die Salzarbeiter nicht und wurden dafür mit der Wiederherstellung ihrer alten Rechte belohnt. Die Haltung der meisten Evangelischen hatte sich jedoch nicht gewandelt, sie gingen in den Untergrund und wurden zu Geheimprotestanten. Zur Überwachung wurden die Jesuiten gerufen, die das Kloster Traunkirchen übernahmen und die Pfarrerstellen besetzten, später gesellten sich die Kapuziner hinzu.

Über beinahe 180 Jahre oder 6 Generationen prägte eine Untergrundkirche die Region, mit Versammlungsplätzen in verschiedenen Höhlen (Schwarzenbachloch/Goisern, Kalmooskirche/Goisern, Seekarkirche/Gosau). Die Menschen verhielten sich unauffällig. Neues Öl in die Flamme goss der "Sentbrief" des Dürrnberger Salzknappen Schaitberger, der entgegen früherer Praxis den Lutheranern empfahl, sich offen zu ihrer Religion zu bekennen. Religiöse und soziale Spannungen mischten sich, die in der geplanten Absetzung des verhassten Goiserer Pfarrers Aichhofers 1712 gipfelten.

Die Zeit der Aufklärung

In den 1730er Jahren stellte sich die Situation völlig anders dar. Das Feuer wurde angefacht durch die Vertreibung der Lutheraner aus dem angrenzenden Salzburg, wo viele zu ihren Glaubensgenossen ins Salzkammergut flohen. Der versöhnliche, doch überforderte Salzamtmann Graf Seeau reiste ins Salzkammergut und bot den widerspenstigen Evangelischen freien Abzug nach Deutschland an. Die Lage entglitt ihm jedoch völlig, schließlich entschloss sich die Regierung zu einem Kraftakt und verpflanzte ca. 620 rebellische Lutheraner nach Siebenbürgen. Nun schien das Ketzerwesen mit der Wurzel ausgerottet zu sein.

Die Aufklärung ließ religiöse Spannungen in den Hintergrund treten. Kurz nach seinem Regierungsantritt setzte Josef II den Verfolgungen ein Ende und erließ das Toleranzpatent, das noch im Dezember 1781 im Salzkammergut bekannt gemacht wurde. Zaghaft fanden sich erst Vereinzelte, um ihren Glauben zu bekennen. Schlussendlich wagten es aber dann Tausende von Gläubigen, die die evangelische Gemeinde in Goisern und kurz darauf in Gosau gründeten.

Bis zur Gleichberechtigung war es noch ein langer Weg. Das Recht zur Matrikenführung erhielten die Evangelischen erst 1849, die formelle Gleichberechtigung erfolgte mit dem Protestantenpatent 1861.

Im 20. Jhdt. war die Geschichte der evangelischen Kirche von Höhen und Tiefen begleitet. In den 1930er Jahren tendierten viele zum deutschen Nationalsozialismus, denn sie sahen Deutschland als Schutzherr gegen den katholischen Ständestaat. Als Beleg mochte wohl auch der Abschluss des Konkordats 1933 dienen. Die heutigen Beziehungen der Evangelischen regelte schließlich das Protestantengesetz von 1961.

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